Mieten oder kaufen? Zu groß, zu teuer oder zu klein? Leistbares und passendes Wohnen ist ein Dauerbrenner. Alle reden von der Wohnkrise. TirolerInnen erzählen, wie zufrieden oder unzufrieden sie mit ihrer Situation sind.

Protokolle: Liane Pircher, Andrea Wieser, Susann Frank, Sabine Strobl, Anna Wanker, Hannah Purner

So wohnen wir

Laurin Z. wohnt in einer 128 m2 großen Innsbrucker Stadtwohnung. „Ich bin 24 Jahre alt, arbeite Vollzeit und studiere nebenher Jus. Derzeit lebe ich in der Stadtwohnung meiner Familie, in der ich aufgewachsen bin – sie ist zu groß, zu teuer."

Laurin:
Der Wohnungsmarkt ist ein Haifischbecken

„Laut Wohnungsvergabe muss ich für eine kleine mindestens drei Jahre warten. Jetzt kostet die Wohnung monatlich 1250 Euro Miete ohne Betriebskosten. Für dieses Geld könnte man sich eine Rate für Eigentum leisten, aber dazu braucht man mindestens 20 Prozent Eigenmittel. Mein Ziel wäre Eigentum, aber aufgrund absurder Quadratmeterpreise und eng gefasster Kriterien fallen die meisten Objekte ohnehin durchs Raster, und mehr als eine Zweizimmerwohnung ist fast nicht drin. Als junger Tiroler frustriert mich das. Tirol ist dabei, für die eigene Bevölkerung unbewohnbar zu werden.“

Als junger Tiroler frustriert mich das. Tirol ist dabei, für die eigene Bevölkerung unbewohnbar zu werden.

Laurin Z.

Andrea B. lebt mit ihrem Partner in einem 500 Jahre alten Haus mit sechs Parteien in Sistrans. Die Wohnung und die darunterliegende Werkstatt sind gemietet. Vor 20 Jahren hat sich die Künstlerin und Keramikerin hier niedergelassen. Die Kinder sind erwachsen und ausgeflogen.

Andrea:
In Gemeinschaft alt werden

Ob sie mit ihrer Wohnsituation zufrieden ist? „Ich bin einfach unheimlich glücklich hier. Es ist ein guter Platz.“ Für den akzeptablen Mietpreis von rund 1000 Euro im Innsbrucker Speckgürtel heißt es, Substandard in Kauf zu nehmen. Im Winter wird früh morgens der Kachelofen eingeheizt. Im Fensterkasten zwischen den zwei Glasscheiben sorgt Wolle für Dämmung.

Ich bin einfach unheimlich glücklich hier. Es ist ein guter Platz.

Andrea B.

Michael P. (26) wohnt alleine für rund 500 Euro auf 45 m2. Er ist aus Südtirol zum Studium (Politikwissenschaften) nach Innsbruck gekommen. Zuerst war er u.a. im Studentenheim (Pradler Saggen) zu Hause, dann wollte Michael 2024 seine eigenen vier Wände.

Michael:
Ich hatte Glück

„Ich habe einen Artikel über die Ini­tiative Sicheres Vermieten gelesen“, sagt Michael. Mit dieser Aktion des Landes Tirol werden leerstehende Wohnungen aktiviert, im Gegenzug wird VermieterInnen das Risiko abgenommen. „Ich hatte Glück. Bei der Besichtigung waren 30 Interessenten, aber ich habe die Wohnung bekommen“, freut er sich über seine neue Bleibe mit Balkon nahe des Bahnhofs Innsbruck Messe.

In Innsbruck bekommt man für 500 Euro nur schwer ein WG-Zimmer, diese Entwicklung finde ich bedenklich.

Michael P.

Familie Scheiring-Maritschnig wohnt mit ihren zwölf Kindern im Innsbrucker O-Dorf in zwei zusammengelegten Wohnungen auf insgesamt 140 m2.

Eine Wohnung hat ihnen die Oma vererbt. Dass die angrenzende spiegelverkehrte Wohnung verkauft werden soll, hat die Familie vor zwölf Jahren zufällig erfahren. „Das war wie ein Lotto-Jackpot.“

Familie Scheiring-Maritschnig:
Wie ein Lotto-Jackpot

Die Betriebskosten sind mit jeweils 265 Euro pro Wohnung teurer als die Kreditrate für die damals um 140.000 Euro erworbene zweite Wohnung.

Die Familie ist im Allgemein-Garten des Hauses zu sehen. „Der ist Gold wert“, sagt die Mama. Ihre Wohnung geht aber auf die andere Seite raus. Nachteil: „Kein Balkon und die schlechte Einteilung“, so der Papa. „Es ist einfach ein Altbau.“

Rudi:
Ich wollte immer was Eigenes

Egal, ob Stiege oder Wintergarten: Der gelernte Schlosser und pensionierte Bahnangestellte hat überall im Haus selbst Hand angelegt. „Etwas Eigenes zu schaffen“ sei schon früh sein Ziel gewesen. Jeden Schilling habe er als Alleinverdiener und Vater von drei Kindern weggespart und sich nach der Arbeit etwas mit Schuhplatteln dazuverdient, damit sich der Traum vom Grundstückskauf und eigenen Haus verwirklicht. Die Bauzeit dauerte fünf Jahre. Als später seine Frau krank wurde, war Rudi froh um freie Zimmer im Haus. Nur so konnte als Zusatzhilfe eine 24-Stunden-Betreuerin einziehen. Das Alleine-Wohnen fällt ihm nicht schwer, weil viel Familie da ist. Als Pensionist muss er heute nur noch wenige hundert Euro Betriebskosten im Jahr zahlen.

Rudi A. hat sein Haus nahe Telfs vor 45 Jahren gebaut. Seit dem Tod seiner Frau wohnt der 84-Jährige alleine dort. Die Fläche von ca. 100 m2 braucht er nicht mehr. Trotzdem will er in seinem Haus wohnen bleiben, und zwar „solange es geht“.

Rudi:
Ich wollte immer was eigenes

Hannes:
Alte Häuser beleben

Hannes K. (49) wohnt in einer Alters-WG in einem alten Bauernhaus in Innsbruck in zwei Zimmern auf 35 m2. „Ich brauchte schnell eine Wohnung und diese stand mir gleich zur Verfügung. Ich zahle ungefähr 19 Euro pro Quadratmeter."

Hannes:
Alte Häuser beleben

„Mir gefallen alte Bauten und ich finde es wichtig, alte Häuser zu beleben. Würde man sie nicht bewohnen, wären sie in kürzester Zeit nicht mehr bewohnbar. Ich sehe durch meinen Beruf in jedem Ort viele alte Häuser, vor allem auch Bauernhäuser, die leer stehen, verrotten und deswegen dem Wohnungsmarkt entzogen werden. Würden sie zur Verfügung stehen, hätten wir wesentlich weniger Wohnungsnot. Hier ist die Politik gefordert, diesen Missständen durch gesetzliche Regulierungen entgegenzuwirken.“

Jonathan S. (21, rechts) wohnt mit drei Freunden in einer 110 m2 großen WG in der Innsbrucker Innenstadt. „Wir kennen uns schon, seit wir kleine Stöpsel sind – jetzt studieren wir alle und wollten von zu Hause ausziehen. Da war klar, dass wir zusammenziehen, allein wohnen kam für uns nicht infrage."

„Seit April haben wir jetzt diese Wohnung, wir hatten richtig Glück. Wir zahlen insgesamt rund 2000 Euro und teilen die Kosten fair nach Größe der Zimmer auf. Einen Teil finanzieren uns die Eltern, wir haben aber alle Nebenjobs."

Jonathan:
Allein wohnen kam nicht infrage

Beratung ist Trumpf

Unsere Wohnung liegt bei jedem irgendwie am Weg, da kommen Freunde oft einfach spontan vorbei.

Jonathan S.

„Wir wären auch in andere Stadtteile gezogen, aber so mitten in der Stadt hat einfach was. Unsere Wohnung liegt bei jedem irgendwie am Weg, da kommen Freunde oft einfach spontan vorbei. So ist eigentlich immer wer da, wenn man nach Hause kommt – das mögen wir am WG-Leben am meisten.“

(Mit auf dem Foto: Mitbewohner Nils K., Anton W., gerade zu Besuch, und Mitbewohner Jannik D., v.l.)

Wir wären auch in andere Stadtteile gezogen, aber so mitten in der Stadt hat einfach was. Unsere Wohnung liegt bei jedem irgendwie am Weg, da kommen Freunde oft einfach spontan vorbei. So ist eigentlich immer wer da, wenn man nach Hause kommt – das mögen wir am WG-Leben am meisten.“

(Mit auf dem Foto: Mitbewohner Nils K., Anton W., gerade zu Besuch, und Mitbewohner Jannik D., v.l.)

Imre U. lebt in Miete in einer Dachgeschoß-Wohnung in Pill. „Ich lebe seit sechs Jahren alleine in dieser ca. 50 m2 großen Zweizimmerwohnung und zahle deutlich unter 1000 Euro Miete."

Imre:
In der Stadt ist es teuer

„Davor hab’ ich ein paar Jahre in Innsbruck gelebt, aber ich fand es trotz der schönen Innenhöfe etwas eng und stressig. Man muss Parkplätze suchen, die sind teuer, der Verkehr ist stark gestiegen und die Wohnungen sind auch teuer."

„Ich lebe gerne am Land, es ist idyllisch hier. Ich bin selbst in einem Einfamilienhaus am Land aufgewachsen und mag es, wenn ich Kinder auf der Straße spielen sehe oder Menschen gemütlich durch das Dorf spazieren.“

Beratung ist Trumpf

Ich lebe gerne am Land, es ist idyllisch hier.

From farm to beer

Imre U.