Zu Besuch bei einem der wenigen Glasbläser Österreichs

Feuer und Flamme

Österreichweit gibt es nur noch wenige Glasbläser. Mario Karner ist einer von ihnen. In einem alten Kiosk auf der Innsbrucker Hungerburg bietet er Workshops an.

Dass allen der Schweiß auf der Stirn steht, mag dem Wetter und den heißen Brennern geschuldet sein. Im kleinen Studio herrscht höchste Konzentration, denn in diesem mehrstündigen Workshop dürfen Laien Glasstäbe und -röhren zu Weingläsern schmelzen, formen und selbst blasen – alles unter der Anleitung von Fachmann Mario.

Der 40-jährige gebürtige Kärntner hat sich vor zwei Jahren mit seinem Studio „GlasZeit“ im alten Lindekiosk auf der Hungerburg eingemietet. In Kursen kann man bei ihm kleine Skulpturen, Schmuck oder verschiedenste Gefäße herstellen. Oder eben schmucke Weingläser in allen Größen und Formen, wie die Workshop-Teilnehmer Gabi und Andi an diesem Tag.

Perfektionismus bleibt draußen.

Gabi, Workshop-Teilnehmerin

„Es ist ein Stoff, mit dem man so nie in Berührung kommt. Da hat man kein Gefühl dafür, wie er sich verhält."

Konzentriert sitzen die beiden Schwazer vor ihren Brennern. In der Propanflamme, die über tausend Grad haben kann, winden sie dicke Glasstäbe. Daraus soll der Stiel der Weingläser werden. „Meiner ist eher ein Knoten geworden“, lacht Andi. Er habe ein Video von einem Glasbläser, der eine Drachen-Skulptur fertigt, gesehen und sich gedacht: „Schaut eigentlich ganz einfach aus.“

Der Kurs bei Mario habe ihn dann schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. „Ich bin gelernter Tischler und Zimmerer, aber motorisch ist Glas etwas ganz anderes.“ Gabi stimmt zu: „Es ist ein Stoff, mit dem man so nie in Berührung kommt. Da hat man kein Gespür dafür, wie er sich verhält. Am besten zeichnet man den Entwurf später anhand des Ergebnisses.“

Wer das erste Mal mit Glas arbeitet, lässt den eigenen Perfektionismus am besten vor der Tür. Kein Leistungsdruck. Das wirkt entschleunigend. „In der Ausbildung hieß es, für ein gutes Weinglas brauche man rund zehn Jahre Erfahrung“, erzählt der erfahrene Glasbläser.

Deswegen übernimmt Mario einige Teile des Prozesses, wie das Zusammenfügen von Stiel und Kelch. Auch Andis Knoten kann der Fachmann noch richten. Er selbst steht schon seit er fünf Jahre alt ist vor dem Brenner, sein Vater war bereits in diesem Beruf tätig.

Mario Karner, Glasbläser, GlasZeit

„Das Glas muss warm genug sein, dass es zäh wird wie Honig. Aber nicht zu heiß, sonst verliert es die Symmetrie und die Rillen des Designs."

Für den Teil des Glases, in dem später der Wein genüsslich geschwenkt wird, nimmt Mario hohle Glasröhren. Diese werden vorsichtig erhitzt. „Das Glas muss warm genug sein, dass es zäh wird wie Honig. Aber nicht zu heiß, sonst verliert es die Symmetrie und die Rillen des Designs“, erklärt er.

Glas braucht Zeit

Um den Schmelzgrad des Materials besser erkennen zu können, arbeiten die drei mit speziellen Didymium-Filterglasbrillen.

Ist die Röhre heiß genug, dürfen Gabi und Andi hineinblasen, während Mario sie langsam dreht. Das Ganze muss öfter wiederholt werden, denn bläst man zu fest, wird die Glaswand zu dünn. „Dem Glas muss man immer Zeit lassen“, mahnt Mario. Für ein simples Weinglas braucht der Profi rund eine Stunde, für eines mit Muster oder speziellen Designwünschen etwas mehr.

Es wirkt wie Zauberei, als Mario die von Gabi und Andi vorgefertigten Stiele mit dem Kelch verbindet. Im einen Moment hat er zwei in der Hitze immer wieder aufglühende Teile in der Hand, im nächsten sind sie miteinander zu einem großen Ganzen verschmolzen. „Faszinierend“ ist wohl das meistgesprochene Wort der drei Stunden.

„Wenn einer jetzt eine Zigarette hätte, könnte man sie damit anzünden“, sagt Mario und schwenkt das abgetrennte glühende Ende des Stiels, „als Glasbläser geht es natürlich auch um die coolen Moves.“ Damit stößt er auf schallendes Gelächter, die Stimmung ist locker in der kleinen Kreativschmiede.

Genau für dieses Miteinander biete Mario die Workshops an. Denn als Glasbläser arbeite man oft alleine, im Dunkeln. Die Workshops seien aber auch ein Schritt Richtung Zukunft. Durch industriell gefertigte Gläser ist das Geschäft ein anderes geworden, nur noch 17 Glasbläsereien gibt es heute in Österreich.

„Die normalen Gläser kauft man heute bei großen Ketten, bei mir geht es hingegen um das Persönliche. Das hier ist jetzt wirklich Andis Glas, das hier Gabis“, deutet Mario auf die fertigen Unikate."

Eine Branche im Wandel

Einfach unglaublich, ein Wahnsinns-Handwerk“, schwärmt Gabi. „Daraus wird der Wein jetzt aus Prinzip viel besser schmecken – oder auch was anderes“, lacht Andi und zückt zum Abschluss des Tages drei Bierflaschen. Ein Glas mag schließlich auch befüllt werden.